Haushaltsredesrede der SPD-Fraktion 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

Haushaltsberatungen sind seit Jahren schwierig, denn die Einnahmen decken in kaum einer Kommune die Ausgaben, die aus vielerlei Gründen – der Bürgermeister hat es in seiner Haushaltsrede skizziert – steigen. Weil die SPD eine verantwortungsvolle Partei ist machen wir uns eben keinen „schlanken Fuß“ und stehlen uns aus der Verantwortung.

Ich möchte sogar einen Schritt weiter gehen und den Bürgermeister für Teile seiner Haushaltsrede ausdrücklich loben, denn wenn er in seinem Fazit viele richtige Dinge schreibt, dann bleiben sie richtig, auch wenn er einer konkurrierenden Partei angehörig ist. Insbesondere der Erhalt unseres Infrastrukturvermögens ist ein Punkt, den die SPD schon seit langen Jahren fordert.

Bevor es hier aber zu harmonisch wird, muss ich ein paar Dinge ansprechen:

  1. Wenn die Erkenntnis gereift ist, dass unser Infrastrukturvermögen erhalten werden muss, muss im gleichen Atemzug gesagt werden, dass in der vergangenen Legislaturperiode gerade bei Renovierung und Instandhaltung seitens der CDU die entsprechenden Positionen in nahezu jedem Haushalt zusammengestrichen wurden, um eine damals noch mögliche maßvolle Erhöhung der Grundsteuern zu vermeiden. Zu einem Zeitpunkt also, wo noch bezahlbare Baumaterialien vorhanden waren, wo Handwerker noch Aufträge angenommen haben, wo die Kosten für Renovierung und Instandhaltung noch überschaubar waren. Deshalb tragen Sie und Ihre damaligen Mehrheitsbeschaffer auch ganz alleine die politische Verantwortung dafür, dass nunmehr alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde bluten müssen und von Bluten kann man sprechen, wenn im Entwurf der Kämmerin eine Steigerung der Grundsteuer B in Höhe von über 35 % vorgesehen ist und im jetzt vorliegenden Henkel-Entwurf von fast der Hälfte. Áll dies hätte man vermeiden können, wenn Sie in der Vergangenheit politische Verantwortung gezeigt hätten, wozu Sie leider nicht bereit, oder schlimmer nicht in der Lage waren.
  2. Neue Einnahmequellen erschließen: Wir haben in der letzten Legislaturperiode beantragt, dass wir uns zum Thema Baulandmanagement mal schlau machen sollen und Informationen dazu sammeln, weil dies ein Posten der Konsolidierung sein könnte. Diese und andere Initiativen haben Sie gemeinsam mit Ihrer Koalition der Unwilligen abgelehnt, wohlgemerkt das „Schlaumachen zum Thema“ abgelehnt. insofern ist es jetzt schon eine Lachnummer, wenn Sie nunmehr gleich 3 Stellen für das Baulandmanagement einrichten wollen.
  3. In der Corona-Zeit hat unser Ordnungsamt Großartiges geleistet und ist mit Sicherheit sprichwörtlich „auf dem Zahnfleisch gegangen“. Jetzt, wo die Fallzahlen runter gehen, sollen gleich zwei neue Mitarbeiter eingestellt werden, die natürlich auch für die Überwachung des ruhenden Verkehrs eingeplant sind, aber ist dies wirklich nötig? Wir wissen alle, dass Personal jedes Jahr teurer wird. Sie haben ohnehin die Personalstellen in der Gemeinde deutlich ausgeweitet, sind Sie wirklich überzeugt, dass dies unabweisbar ist?
  4. Die Corona-Pandemie war und ist für uns alle – ich sage mal – ätzend. Für das Kleingewerbe war dies jedoch nicht nur ätzend, sondern existenzbedrohend oder -zerstörend. Das wir hier über lange Strecken keinen Gewerbeförderer, der hier Gewerbekümmerer sein müsste hatten, ist beschämend. Schlimmer ist es aber – hier denke ich mal an beispielsweise die kleinen Gastronomiebetriebe – wenn diese Gastronomiebetriebe jetzt zarte Pflänzchen der Regeneration entwickeln, sie über die Grundsteuer kräftig zur Kasse gebeten werden. Alle dieser Betriebe sind Mieter oder Eigentümer und hier stark betroffen. Der Skandal jedoch ist es dass diese kleinen Betriebe jetzt auch noch bei der Gewerbesteuer übermäßig abkassiert werden sollen. Über 18 % bei der Gewerbesteuer an Mehrbelastung, dies ist nicht hinnehmbar, dies ist kontraproduktiv für eine gute wirtschaftliche Entwicklung des Gewerbes in Wachtberg. Bitte bedenken Sie, nur ca 1/3 der Betriebe sind größer, der Rest ist eher Kleingewerbe und bedenken Sie des Weiteren, dass Gewerbesteuer eine dynamische Steuerart ist, bedeutet, geht es dem Gewerbe gut, sind auch die Steuereinnahmen für die Gemeinde höher, deshalb beantragen wir auch in diesem Zusammenhang die Gewerbesteuererhöhung nicht in diesem Umfang steigen zu lassen, eine Erhöhung von 20 Punkten, also 4,3 % ist das Maximum, was vertretbar ist.
  5. Wir leben in einer Zeit der fortschreitenden Globalisierung, deren Folgen lange Zeit unterschätzt wurden, obwohl es Stichwort „Club of Rome“ Hinweise gab, hat sich die Politik weltweit einer sinnvollen Steuerung entzogen. In Folge der Globalisierung kam es zu einer immer größer werdenden Mobilität, auch mit der Folge, dass sich Krankheiten, wie der aktuelle Corona-Virus in Windeseile über den Erdball verbreiten. Globale Lieferketten sorgen dafür, dass bei Störungen, die fragile, aber zumindest für die westlichen Länder fast immer gegebene Versorgungssicherheit gefährdet ist. Und schließlich noch die Folgen des Klimawandels bedrohen uns. Natürlich sind hier nationale, oder gar übernationale Strategien gefragt, aber nicht nur. Auch wir in unserer Region sind ganz konkret betroffen, die verheerenden Unwetter bei unseren Nachbarkommunen und auch die Hochwasserkatastrophen in Wachtberg waren ganz real. Für uns bedeutet das, wir müssen massiv für eine regionale Klimawende aktiv sein, wir müssen lokal Energie- und Versorgungssicherheit im Rahmen unserer Möglichkeiten schaffen.  

Ganz konkret:

  • Wir müssen dafür Sorge tragen, dass unsere Gemeinde energetisch immer autonomer wird. In neuen B-Plänen müssen regenerative Energien vorgeschrieben werden.
  • Wir müssen auch mit einer guten Gewerbeberatung regionale Versorgungsstrategien sicherstellen.
  • Die vorhandenen Konzepte, seien es ILEK oder das gemeindeeigene Klimaschutzkonzept müssen fortgeschrieben werden und wir müssen die Bürger dazu mitnehmen. Daher beantragen wir, dass die unter 1.14.0.1 eingestellten 150.000,-€ auch für solche Konzepte genutzt werden können.
  1. Wenn wir vor solch großen Herausforderungen stehen, sollte es keine Denkverbote geben, sondern wir sollten fraktionsübergreifend an einer guten Entwicklung von Wachtberg arbeiten. Unser Gemeinderat ist zahlenmäßig größer als der Landtag vom Saarland. Des öfteren haben wir in der Vergangenheit versucht, dies zu ändern, dies ist immer wieder abgelehnt worden, denn es war ja ein SPD Vorschlag. Nunmehr gibt es eine interfraktionelle Arbeitsgruppe, die sich auf einem guten Weg zumindest für die kommende Wahlperiode befindet. Ich fordere Sie auf, sich verstärkt an den Interessen aller Bürgerinnen und Bürger zu orientieren, wir sind als SPD-Fraktion bereit, unter den hier genannten Prämissen diesen Haushalt mitzutragen, auch wenn es für einzelne Bürgerinnen und Bürger mit den exorbitanten Erhöhungen enger wird, die – das muss an dieser Stelle gesagt werden – in der Höhe vermeidbar gewesen wären, wenn Sie schon vor Jahren eine nachhaltige Haushaltspolitik verfolgt hätten Von daher sollten wir ebenfalls im Auge haben, wie wir für die Geringverdienerinnen und -verdiener Ausgleiche z.B. bei Gebühren für OGS, Kitas etc. organisieren können.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit