Auf Initiative der Wachtberger SPD trafen sich am 1.-2. April 25 Politiker:innen aus vier Ratsfraktionen, Verwaltungsspitze, Energieversorger, Landwirte und Vertreter der Wachtberger Zivilgesellschaft zu einem Wochenendseminar über Wege zu einer klimaneutralen Energieversorgung auf Gemeindeebene. Dem lagen zuvorderst der Klimaschutz und die Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 zugrunde, und damit die Sicherung unserer Zukunft auch in Wachtberg.
Aber Putins Krieg gegen die Ukraine war auch in diesem kommunalpolitischen Kontext allgegenwärtig. Ein hoher Grad an Energieautarkie vor allem durch erneuerbare Energien zu erreichen ist auch wirtschaftlich das Gebot der Stunde. Die Wachtberger Social-Media-Gruppen sind voll mit Berichten über explodierende Gasrechnungen und Abschlagszahlungen, die manche Haushalte an die Grenze der Belastbarkeit bringen.
Die Bundesregierung will eine 100-prozentige Stromversorgung mit erneuerbaren Energien nun bereits 2035 erreichen. Das ist eine Herkulesaufgabe auch für die Kommunen, wie ein Blick in dem Seminar auf den Wachtberger Stromverbrauch zeigte. Mit Stichtag 29.3.2022 sind in Wachtberg laut Marktstammdatenregister rund 7000 kWp Leistung PV installiert. Das entspricht einer Stromproduktion von ca. 7 GWh pro Jahr. Aktuell decken wir damit rechnerisch 10 Prozent unseres Strombedarfs aus eigener Produktion auf den Dächern Wachtbergs ab. Strom entspricht aber nur rund 15 Prozent des Endenergiebedarfs in unserer Gemeinde (Zahlen: ILEK 2012). Vom gesamten Endenergiebedarf (inkl. bspw. Wärme und Mobilität) deckt unsere aktuelle PV-Kapazität nicht einmal 2 ab.
Allen Teilnehmenden wurde so deutlich, wie weit der Weg zur angestrebten Klimaneutralität in Wachtberg im Jahr 2035 noch ist. Auf Grundlage externer Inputs zu den Themen Bürgerenergie und Agrarphotovoltaik sowie dem erfolgreichen Beispiel der dezentralen Klimawende im Rhein-Hunsrück-Kreis wurden in Arbeitsgruppen konkrete Handlungsfelder diskutiert, die einen realistischen Einstieg in das Thema und die Möglichkeit, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen, erlauben sollten. Das beinhaltete den Ausbau der Photovoltaik, Maßnahmen zur Energieeffizienz und -controlling, die Aktualisierung und Weiterentwicklung des kommunalen Klimaschutzkonzeptes von 2012 und flankierend eine öffentliche Kampagne zur Förderung der Energiewende in Wachtberg. Bis 2030 sollen 100 Prozent der kommunalen Dächer mit Photovoltaik belegt und ein „Modelldorf Photovoltaik“ unter den Wachtberger Ortschaften geschaffen werden. Auch finanzschwächere Privathaushalte können von den Plänen der Enewa profitieren, 20 Häuser pro Jahr mit Photovoltaik im Pacht- oder Kaufmodell auszustatten. Langfristig sollen 100 Prozent des Stromverbrauchs in der Gemeinde durch erneuerbare Energien erzeugt werden. Unterstützt werden soll die Kampagne durch die Ausbildung von ehrenamtlichen „Sonnenbotschafterinnen und -botschaftern“, die zu einem positiven Umfeld für die Akzeptanz von Photovoltaik beitragen sollen. Dabei soll ein besonderer Fokus auf Schulen und Kitas gelegt werden.
Mittelfristig muss das ILEK-Klimaschutzkonzept für Wachtberg aus 2012 aktualisiert und fortgeschrieben werden. Kurzfristig sollen die aktuelle Energie- und CO2-Bilanz der Gemeinde erhoben und ein Energiecontrolling eingeführt werden. Eine Position zur Finanzierung eines aktualisierten Klimaschutzkonzeptes wurde noch in der Ratssitzung am 7. April im Haushalt 2022 eingerichtet. Schließlich formulierten die anwesenden Rats- und Fraktionsmitglieder die Absicht, im nächsten Umweltausschuss die Einrichtung einer interfraktionellen Arbeitsgruppe zur Energiewende zu beantragen. Ziel der Arbeitsgruppe soll die Formulierung von politischen Zielen sowie eine Verständigung auf das weitere Vorgehen sein. „Nur so wird es uns gelingen, Wachtberg zu einer klimaneutralen Gemeinde umzubauen“ formulierte Dr. Roswitha Schönwitz, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.