Beinahe wären wir in den Genuss einer Attraktion gekommen. Im Falle eines Aufstieges in die 1. Bundesliga versprach Heidenheims Trainer Frank Schmidt: „ Dann lassen wir die Mücken rückwärts fliegen!. Leider ist daraus nichts geworden. Werder Bremen hat im entscheidenden Relegationsspiel in Heidenheim 2 : 2 gespielt und sich durch die Auswärtstore nach dem 0 : 0 in Bremen durchgesetzt.
Zur letzten Glosse gab es wieder einige bemerkenswerte Rückmeldungen, ernste, nachdenkliche, aber auch humorvolle. So berichtet Leser Kay von einer Anfrage, die ihn jüngst als Geschäftsführer eines renommierten Bonner Hockey- und Tennisclubs erreichte. Anrufer: „ Ist dort der Bonner Tennis- und Hockeyverein?“ Kay: „ Ja, seit 1903!“. Anrufer: „ haben Sie auch Tennisplätze ?“ Der Anrufer schien ein großer Skeptiker zu sein.
Sportler sollten sich auf dem Spielfeld politisch nicht äußern. Daran wollten sich einige jetzt nicht mehr orientieren. Sie demonstrierten gegen den Rassismus in den USA. Eigentlich durften sie nicht. Gleichwohl gab es viel Lob. Man war sich einig, die Demonstration galt einer guten Sache.
Was aber machen wir, wenn Sportler für eine Sache demonstrieren, die politisch anrüchig ist? Man sollte das nicht vertiefen, muss aber damit rechnen, irgendwann sich mit einer entsprechenden Provokation auseinander setzen zu müssen. Die FIFA hat zu den letzten Weltmeisterschaften Kampagnen wie „ Sag nein zum Rassismus“ gestartet. Sportler benutzten jüngst ihre Unterhemden zu Botschaften oder sie senkten ihr Knie als Zeichen der Solidarität. Damit unterstrichen sie ihre Übereinstimmung mit der FIFA Kampagne. Das hätten sie aber nicht tun, höchstens denken dürfen.
Ich erinnere mich an eine Szene in Rom. Dort schoss vor Jahren ein italienischer Stürmer von Lazio Rom ein Tor, das frenetisch von den ( rechtsextremen ) Ultras des Vereins gefeiert wurde. Der Spieler eilte zu denselben und bedankte sich, indem er den Arm nicht senkte, sondern zum faschistischen Gruß hob. Was machen wir bei solchen Botschaften?
Was sollen Fußballspieler können, die ins Ausland wollen? Fußball spielen natürlich. Daneben empfehle ich aber schon frühzeitig mit dem Erlernen von Fremdsprachen zu beginnen. Englisch auf jeden Fall, mit Abstand auch Spanisch, Italienisch oder Französisch. Exzentriker lernen auch Russisch (Höwedes, Kuranyi), Japanisch (Buchwald, Littbarski, Podolski) oder Türkisch (Podolski). Vom Chinesischen oder Arabischen würde ich abraten, schon allein wegen der Tatsache, dass ein chinesisches Wort in hoher, mittlerer oder unterer Tonlage eine ganz verschiedene Bedeutung haben kann. Da stünden die Fettnäpfchen nur so vor einem. Von Vorteil wäre auch eine ungefähre Vorstellung über den geographischen Standort, damit es einem nicht so geht, wie einst Andy Möller: „ Ob Mailand oder Madrid ist mir egal, Hauptsache Italien“.
Wir werden in Deutschland nach jedem Spieltag mit ätzenden nichtssagenden Interviews gequält, von penetranten Journalisten aus noch gequälteren Spielern herausgepresst. Warum sollten nur wir darunter leiden? Deshalb sollte in den Koffer eines auswandernden Fußballers ein Kurzsprech in der jeweiligen Landessprache gehören.
Ein Vorschlag:
(1)Ja, gut; (2) der Trainer hat uns richtig eingestellt ( bei einem Sieg); (3) der Trainer war mit mir zufrieden (bei Sieg oder Unentschieden ); (4) ich konnte der Mannschaft helfen; (5) in der 28 Minute (beliebig ersetzbar) erzielten wir das erste Tor (beliebig ersetzbar); (6) wir schauen in der Tabelle nicht nach oben, wir konzentrieren uns auf das nächste Spiel; (7) das nächste Spiel ist das Schwerste; (8) der Ball ist rund.
Ist eine Frage nicht verstanden worden, dann passt irgend eine Antwort aus der Sammlung immer. Wenn er dann noch die (9)„Viererkette“ und die (10)„falsche Neun“ oder die (11)„abkippende Sechs“ unfallfrei über die Lippen der Fremdsprache bringt, wird er ohne weiteres in das Aktuelle Sportstudio des jeweiligen Landes eingeladen.
„ Die wollen ja nur spielen“, wollte uns DFL-Seifert weis machen, als er sein 51-seitiges Hygienekonzept vorstellte. Dabei ging es nur um die Sicherstellung der Fernsehgelder für die Bundesligavereine.
Nun geht Timo Werner doch nicht zu den Roten nach Liverpool, sondern für 54 Millionen € zu den Blauen nach Chelsea London und einem 5-Jahresvertrag von ca. 140 Mill. € . Liverpool war ausgestiegen, weil man 100 Mill. € Debit irgendwie ausgleichen musste. Dann war die Luft raus und der Scheichclub stieg ein. Zusätzlich verpflichtete man Hakim Ziyech (Ajax Amsterdam) für 40 Millionen €. Er soll Werner mit Vorlagen füttern. So unterschiedlich jongliert man heutzutage im Fußball die Millionen. 100 Millionen scheinen eine magische Zahl zu sein. Der Investor Red Bull hat dem Leipziger Club genau diesen Betrag erlassen. Das können die leicht, weil es genug Deppen gibt, die das Gebräu kaufen. In der Bilanz hat man das Darlehen in eine Kapitalrücklage umgewandelt. Jetzt hat Leipzig keine 186 Mill. € Schulden, sondern nur noch 86 Mill.
Im Pokalhalbfinale zeigten die Bayern ( 2 : 1 gegen Frankfurt) in der ersten Halbzeit die Kunst, wie man allerbeste Chancen versemmelt. Dabei wurde von beiden Mannschaften so viel eklig gespuckt, als müsste damit der Platz gewässert werden. Wie kann man die Dreckspatzen von dieser Unsitte abhalten? Hat jemand eine Idee? Im Finale gegen Leverkusen gewannen sie anstandslos 4 : 2. Sie sind der nationalen Konkurrenz weit enteilt.
Eine andere Sache wird immer klarer und erklärt die Überlegenheit der Bayern. Sie spielen mit voller Kapelle, auch wenn zwei Solisten nicht mitspielen ( Müller, Lewandowski vs. Mönchengladbach 2:1). Mit Gnabry, Hernández, Perisic oder Martinez und künftig Sané füllen Superspieler die Lücke. Dabei war Gladbach gewiss keine Schülerkapelle. So sind sie schließlich souverän zum 30. Mal Deutscher Meister geworden. Das hat die Dortmunder so getroffen, dass sie im folgenden Spiel gegen Mainz zu Hause sang- und klanglos 0 : 2 verloren haben. Für sie ging es um nichts mehr. Das kommt allerdings in die Nähe von Wettbewerbsverzerrung, gerade beim Kampf der Teams gegen den Abstieg.
Fehlt ein wertvoller Solist in anderen Mannschaften, so merkt man das sofort. So gewann z.B. Dortmund in Düsseldorf mit 1 : 0 buchstäblich mit dem letzten Spielzug, als der kurz vorher eingewechselte Haaland einen Kopfball im Tor unterbrachte. Noch ein Beispiel: Hertha in Berlin führte zur Pause 1 : 0 gegen Frankfurt. Dann musste ihr Abwehrchef Boyata mit einer Roten Karte versehen, vorzeitig unter die Dusche. Er fehlte dann an allen Ecken und Enden. Niemand vermochte die Lücke annähernd zu füllen. Hertha verlor 1 : 4.
Mein badischer Landsmann Christian Streich, Freiburgs Trainer, wurde 55. Ich mag seinen Humor und seine unverstellten Interviews, die nie in Sprechblasen enden. Nach dem Auswärtsunentschieden vor kurzem dachte ein Journalist an die Teilnahme am Europacup ( der 7. Platz würde reichen, Freiburg steht an 8. Stelle) und fragte nach seinem Ziel am Ende der Saison: „ Mir kicke ja, damit wir 6. werden und nicht 7.“ Daraufhin fiel der Journalist in tiefes Nachdenken. Nach einer Niederlage meinte Streich in der anschließenden Pressekonferenz in Richtung des Trainerkollegen: „ Ich würde ihm lieber zum Geburtstag gratulieren – wenn er ihn hätte – als zum Sieg.“ Da blitzt sympathische Empathie auf.
Auf einer noch höheren Welle der Sympathie bewegt sich Jürgen Klopp. Nach 30 Jahren wird Liverpool wieder englischer Meister. Mit freuen darf sich auch Thomas Gronnemak. Er ist im Trainerteam für Einwürfe zuständig. Man muss sich das vorstellen. Der bestreitet seinen Lebensunterhalt mit Einwürfen. Das zeigt aber auch die Gründlichkeit von Jürgen Klopp. Als er kam, ging Torjäger Suarez nach Barcelona. Systematisch suchte er für jede Position den Spieler, der seine Vorstellung von Pressing und Gegenpressing am ehesten entsprach. So hat er jetzt eine unglaublich kompakte Truppe zusammen.
Neben den Fußballstadien gibt es in der Wirtschaft oder in der Politik aktuelle Schauplätze, über die man nur staunen kann. Das drückte ein Bekannter wie folgt aus. Ich sagte ihm, ich wüsste einen guten Witz und ob ich ihn erzählen sollte. „ Nein, danke“, meinte er, „ich sehe regelmäßig Nachrichten.“
Politisch nervt MP Laschet mit seiner Forderung nach „verantwortungsvoller Normalität“ Um darüber nachzudenken, habe ich aus dem Keller eine Flasche Lambrusco geholt. Man muss ja jetzt die gebeutelten Italiener unterstützen. Aber auch sie half mir nicht weiter. Dann habe ich es anders herum versucht. Das Gegenteil von Laschets Credo ist „verantwortungslose Normalität“. Und die fand ich in der Autoindustrie. Dort sind en masse verantwortungslose Gesellen vertreten, die zuerst ihre Kunden belügen, dann Gelder auf den Cayman-Inseln und anderen Steueroasen parken und trotzdem Milliarden flüssig haben. Bei VW sollen es 25, bei Daimler 18 und bei BMW 19 Mrd. € sein. BMW-Miterbin, Frau Kladden und ihr Bruder, durften mit einer bescheidenen Dividende von 800 Mill. € rechnen. Und dann wollen sie noch Steuermittel und ein Programm, das dem der früheren „Abwrackprämie“ ähneln soll! Angesichts dieser Chuzpe fällt mir nichts mehr ein.
Das Sahnehäubchen in dieser Galerie der Verantwortungslosen ist Billigfleischproduzent Tönnies. Er hätte eine eigene Kommentierung verdient. Dafür reicht aber der Platz in einer Glosse nicht. Markus Braun, Vorstandschef von WireCard hat jetzt noch einen drauf gesetzt. Er wurde bei der Suche nach verschwundenen 1,6 Mrd. € nach einer Kaution von 5 Mill. € wieder auf freien Fuß gesetzt. Mitvorstand Marsulek ist indessen untergetaucht. Er wurde auf den Philippinen gesehen und soll in China verschwunden sein. Das geht in China. Als für eine Dopingkontrolle Entsandte der WADA durchs vordere Tor des Trainingsbereiches fuhren, flüchteten chinesische Athleten hinten in die Wüste Gobi und waren nicht mehr gesehen.
It takes two for Tango, d.h. Betrüger plus die, die sich betrügen lassen. Man fragt sich entgeistert, wo waren die Wirtschaftsprüfer von WireCard oder die Bafin? Dort bewies man besonders naive Blauäugigkeit. Als Reporter der „Financial Times“ die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen auf die Betrügereien aufmerksam machten, untersuchten deren Beamte nicht WireCard, sondern die „Financial Times“. Sie gingen dem Verdacht der Marktmanipulaton nach. Für solche Beamten kann man sich nur schämen.
Dann gibt es die Cum-Ex-Geschäfte, mit denen der Staat und damit wir Steuerzahler um Mrd. € betrogen wurden. Es sind feine Banker, Steuerberater und Rechtsanwälte, die sich als Verbrecher an der Gesamtheit entpuppen.
Zusammengefasst kann man sagen, dass die Führungskräfte es für normal halten, wenn sie uns Steuerzahler als intellektuell beeinträchtigt behandeln. Verantwortungslos ist, dass sie dem Staat Mittel entziehen, gleichzeitig aber beste Schulen, Infrastruktur etc. für sich und ihre Familien fordern. Damit habe ich für mich ansatzweise geklärt, was „verständnislose Normalität“ ist, ein Zustand also, in dem die eigentlich als Elite gelten sollenden Führungspersönlichkeiten sich als habgierige Lumpen entzaubern. Die sind auf einer Ebene mit korrupten afrikanischen Potentaten.
Die Lufthansa wollte dazu wenigstens einen Einakter auf die Bühne bringen. Vom Pleitegeier bereits fest im Visier, prüften sie (Vorstand und Aufsichtsrat) allen Ernstes ein staatliches Hilfsangebot von kanpp 8 Mrd. €. Was haben sie sich geziert. Das muss man sich einmal vorstellen. Vor ihrem Untergang bringt ihnen ein Rettungsboot eine derartige Summe und die überlegen ernsthaft, ob sie da einsteigen wollen. Dagegen sehen unsere Profikomiker alt aus. Deshalb ist die Lufthansa zu Recht aus dem Dax geflogen.
Tägliche Einakter liefert Donald Trump. An sozialer Empathie und Taktgefühl ist ihm mein fünfjähriger Enkel hoch überlegen. Für ein Standbild mit Bibel als Werbung bei seiner Stammkundschaft, den weißen Evangelikalen ( ca. 20 – 25 % der Wähler), wollte er zu Fuß zur St. John’s Church gehen. Dummerweise waren Demonstranten gegen Rassismus im Weg. Diese pustete sein Justizminister Barr aus dem Weg, indem er den Raum dazwischen mit Tränengas desinfizierte.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass Führungskräfte in Trump’s Stab es als positives Zeichen für ihre spätere Karriere ansehen, wenn sie von Trump mindestens einmal rausgeschmissen worden sind. Sein Verteidigungsminister hat ihm kürzlich widersprochen, als er gegen den Rassismus die US-Armee einsetzen wollte, falls die Gouverneure in den Bundesstaaten nicht so agieren, wie er will. Das geht schon in Richtung der Frage, ob Trump lieber einen Bürgerkrieg vom Zaun bricht, als einmal inne zu halten.
Titus Livius ( röm. Historiker 59 v.Ch. – 17 n.Ch. ) meinte einst: „ Edle Gesinnung kommt von hohen Ämtern“. Lieber Titus, kann ich da heute nur sagen, die Zeiten haben sich grundlegend geändert.
Es ist immer sehr vergnüglich, gute Artikel von Journalisten zu lesen und zu erleben, wie sie beim Rechnen ins Schleudern kommen. So vermerkt die „Welt am Sonntag“: Bayern feierte den achten Sieg in Serie ( = 24 Punkte)….Von 34 möglichen Punkten holte der Rekordmeister 36“. Da ist einer mit den Zahlen arg durcheinander gekommen. Die FAZ am Sonntag würdigte Marcel Reich-Ranicki. „ Er wurde am 2.6.20 im polnischen Wloclawek geboren und starb am 18. September 2013 in Frankfurt.“ Corona bezogene Informationen dürfen natürlich nicht fehlen: „ Großbritannien hat offiziellen Statistiken zufolge die meisten Todesopfer in Großbritannien“, erklärt die Rheinische Post nach heftigem Nachdenken. Und die Schwäbische Zeitung weiß: „ Landtag plant Sondersitzung zu Corona in Fleischfabrik“. Das scheint mir doch etwas übertrieben zu sein. In den Zeiten der Globalisierung wollte da „Spiegel.de“ nicht hintanstehen: „Angst vor einer neuen Viruswelle in China: Peking lässt weitere Stadtviertel abriegeln. An der deutsch-dänischen Grenze bilden sich bereits Staus“. Der Verfasser ist beim Spiegel wohl verantwortlich für die ganz großen Zusammenhänge.
Die Not ist regional so groß, dass die Saarbrücker Zeitung“ fordert: „ Schulzeit bitte um ein Jar verlängern“. Das hat der Verfasser nämlich dringend nötig. Sein Kollege in der „Rheinischen Post“ würde gerne einmal sich in Uruguay umsehen. Sonst hätte er nicht geschrieben: „ Auch eine Rinderfarm dort mit 12.500 Schafen gehört ihm.“ Völlig ratlos lässt mich die „Westerwald Rundschau“. Sie rät: „ Sind Sie infiziert oder wohnen mit einem Erkrankten zusammen, packen Sie bitte Taschentücher in gesonderte Tüten , bevor Sie sich in den Restmüll werfen“. Ich frage mich, warum ich mich in den Müll werfen soll?
Aus dem Film „Das Böse unter der Sonne“ mit Peter Ustinov (ARTE, 21.06.) wird ein Spiel mit Worten erzählt. Danach stellt in einem Lebensmittelladen die Besitzerin einen Dieb zur Rede. Dieser flüchtet. „ Ich habe ihn durch die Gemüseabteilung verfolgt, durch die Fleischabteilung, durch die Käseabteilung, aber bei den Eiern habe ich ihn gepackt“, gibt die noch atemlose Verfolgerin zu Protokoll.
Eine kuriose Geschichte gilt es aus Wien zu berichten. Dort kontrollierte die Polizei einen Studenten, der dabei eine gewaltige Flatulenz nicht verhindern konnte, weil er kurz vorher angeblich ein Bohnengericht verspeiste. Das fand die Polizei gar nicht witzig. Sie sprach eine Strafe über 500.-€ wegen Anstandsverletzung aus, die der Student nicht akzeptiert. Die beiden Polizisten scheinen im katholischen Glauben erzogen worden zu sein. Sonst wäre ihnen Luthers Wort: „ Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz“ vertraut gewesen. Ich bin gespannt, wie die richterliche Entscheidung ausfallen wird. Vielleicht hängt es davon ab, was das Hohe Gericht vorher verzehrt hat.
Siegbert Heid, 06.07.20